Spirituelle Psychotherapie

Ich habe die ganze Welt auf der Suche nach Gott durchwandert und ihn nirgendwo gefunden. Als ich wieder nach Hause kam, sah ich ihn an der Türe meines Herzens stehen, und er sprach: ‚Hier warte ich auf dich seit Ewigkeiten‘. Da bin ich mit ihm ins Haus gegangen. Rumi

Warum und wann braucht es Spirituelle Psychotherapie?

Manchen Lebensverläufen oder Schicksalsschlägen, aber auch einer generellen Lebensunzufriedenheit, kann ohne ein tiefer gehendes, spirituelles (transzendentes) Lebensverständnis nur schwer begegnet werden. In einer Zeit, wo fast alles für machbar gehalten wird, Leistung, persönliche Kontrolle und materieller Wohlstand das persönliche Selbstverständnis ausmachen, fällt es besonders schwer, zu akzeptieren und anzunehmen, was sich persönlichem Wollen und dem eigenen Verständnis entzieht.

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Auch die herrschende „New Age Spiritualität“ mit dem oft kurzsichtig vertretenen Grundsatz „der Mensch ist Schöpfer seines eigenen Seins“ und entsprechenden Methoden zur persönlichen Wunscherfüllung schafft hier oft nur Verwirrung statt Inneren Frieden.

Der Höhere Sinn des Lebens ..

Die Frage nach einem höheren Sinn des Lebens und nach dem speziellen Sinn unseres eigenen Lebens stellen wir uns meist erst bei kritischen Lebensereignissen, Verlusten, Schicksalsschlägen, in Krankheit und Not; oder aber bei chronisch gewordener Lebensunzufriedenheit. Können wir uns die Frage „Wozu das alles …?“ nicht in einer individuell befriedigenden Form beantworten, und führen Materielles, Zerstreuung und Ablenkung nicht zu einem Wiedererlangen eines befriedigenden Wohlbefindens, können innere Leere und Verlorensein quälend werden.

An einem solchen Punkt ist der Mensch reif für die „Entdeckung seiner Seele“, seiner ureigenen Bestimmung und Entwicklungsaufgabe. Der Mensch ist reif für die Entdeckung seiner Verbundenheit mit dem gesamten Universum, dessen Gesetzmäßigkeiten und Mysterien. Hierbei gilt es, sich selbst als Puzzle-Teil in einem großen Ganzen zu erkennen, und damit auch die Notwendigkeit, den ureigenen Platz im Puzzle des Universums zu finden und einzunehmen.

Klassische vs. Spirituelle Psychotherapie

Während die Klassische Psychologie das menschliche Ich, die individuelle Persönlichkeit im Zusammenspiel mit seiner jeweiligen Umwelt zu verstehen und stärken sucht, bleibt sie Antworten auf tiefere Sinnfragen und transzendente Erfahrungsebenen oft schuldig. Eine spirituell orientierte Psychologie integriert auch generelle, existentielle Fragen menschlichen Daseins – unabhängig von einer bestimmten religiösen Richtung.

Der spirituellen Psychologie liegt das Bewusstsein zugrunde, dass alle Lebewesen Teil eines großen Ganzen sind, dessen Höherer Ordnung wir unterstehen. Das heißt auch, dass alle lebenden und geistigen Wesen sowie die gesamte Schöpfung miteinander in Verbindung stehen und gegenseitigen Beeinflussungen unterliegen. Diese Verbundenheit lässt sich auf der psychologischen Ebene sehr anschaulich in den bei Familien- oder Systemaufstellungen auftretendem Phänomen erfassen, bei dem fremde Menschen (sog. Stellvertreter) Gefühle und Haltungen ihnen gänzlich unbekannter Personen spüren und wiedergeben können. Auch die Lehre der Archetypen von C.G. Jung befasst sich mit dem Phänomen der kollektiven Verbundenheit, dem „Kollektiven Unbewussten“. Nicht zuletzt weisen die globalen Umweltveränderungen auf einer sehr physikalischen Ebene auf die Verbundenheit von ‚allem was ist‘.

Spirituelle Psychologie geht also mehr als die klassische Schulpsychologie von Gesetzmäßigkeiten und Verbindungen aus, die über das Individuum und seine unmittelbar fassbare Umwelt hinausgehen.

Die Seele (der ureigene Wesenskern) als Kompass menschlicher Entwicklung

Die für mich wichtigste, therapeutisch nutzbare Erkenntnis der spirituellen Psychologie ist die, dass es im menschlichen Dasein allem voran darum geht, die eigene Bestimmung zu verwirklichen. Je mehr die Persönlichkeit im Einklang mit ihrer seelischen Bestimmung steht, desto mehr Frieden und Zufriedenheit hält im eigenen Leben Einzug.

Dabei ist immer zu beobachten: Je weiter ein Mensch in seelischer Hinsicht entwickelt ist, desto mehr strebt seine Seele der Selbstverwirklichung jenseits materieller Werte zu. Es werden innere Werte geschätzt und gesucht, die im Dienst des Allgemeinwohles stehen und hinter denen die materielle Außenwelt in ihrer Bedeutung zurücksteht.

Krankheit, Verluste und Enttäuschungen können im Einzelfall auch als Hinweis begriffen werden, dass sich der Mensch nicht im Einklang mit seinem Seelenplan entwickelt. Anders ausgedrückt: Erst die Bewältigung eines kritischen Lebensereignisses ermöglicht einen (längst überfälligen) Perspektivwechsel, der eine Richtungsänderung initiiert, die die Persönlichkeit wieder auf den Kurs ihrer Seele bringt (und ohne die krisenhafte Herausforderung sehr wahrscheinlich nicht begangen worden wäre).

Alles hat seinen Sinn …

Wie verhält es sich nun aber mit Lebensereignissen, in denen nicht Selbsterkenntnis, sondern Akzeptanz und friedvolle Annahme gefordert ist? Mit Trauerfällen, unbegreiflichen Verlusten und kaum zu verstehbarem Leid? Vorschnelle Interpretationen sind hier nicht angebracht. Seelische Lebensaufgaben können sehr komplex, individuell und kollektiv vernetzt und „menschlich unverstehbar“ sein. Hier braucht es Demut und Hingabe, um persönlichen Frieden mit dem Erfahrenen zu erlangen  – und manchmal liegt genau hierin der Sinn….

Allein die Öffnung für die Annahme, dass alles, was geschieht, einen höheren Sinn hat,  – die Erkenntnis eingeschlossen, dass sich uns dieser Sinn nicht immer erschließt – kann heilsam und entlastend sein. Alle Religionen bedienen sich in der einen oder anderen Form dieses Glaubens und auch eine religionsübergeifende Spiritualität basiert auf dieser Annahme.

Für eine therapeutische Wirksamkeit ist zunächst nur die Öffnung, noch nicht einmal die Überzeugung für die Grundannahme, dass alles einer Höheren Ordnung unterliegt, entscheidend. Weitergehende Überlegungen sind immer Teil eines persönlichen Erkenntnisprozesses. Diese sollten in einer achtsamen, spirituell orientierten Psychotherapie keinen Dogmen unterworfen werden, sondern sich ganz allein an den persönlichen, sich jede Kritik verbietenden Glaubensüberzeugungen Betroffener orientieren.

Jedes Puzzleteil hat seinen Ort …

Wie ein Puzzle seine Ganzheit, Schönheit und Aussage nur dann entfaltet, wenn jedes Teil an seinem Ort ist, verhält es sich mit allem im Universum.

Wer sich dem Glauben an ein allumfassendes Ganzes öffnet, welches immer weiser und mächtiger ist als das eigene, begrenzte Ich (Ego!), kann auf psychischer und körperlicher Ebene wahre Wunder erleben. Diese Form des von den meisten Menschen verlernten Urvertrauens vermag Heilungsprozesse in Gang und neue seelische und körperliche Energien frei zu setzen. Interessanterweise arbeitet bspw. das 12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker, welches mittlerweile in vielen Therapieformen und Kliniken als erfolgreiche Heilungsstrategie etabliert ist, genau mit dieser Überzeugung.

Das Ziel einer spirituell orientierten Psychotherapie

Das Ziel einer spirituell orientierten Psychotherapie ist es, den persönlichen Heilungs- und Erkenntnisprozess im Bewusstsein der eigenen Lebensaufgabe und der Verbundenheit „mit allem was ist“ zu entfalten. Je näher der Mensch sich selbst kommt, desto näher kommt er der Ganzheit des Lebens. Und je näher der Mensch mit der Ganzheit als Quelle allen Seins verbunden ist, desto leichter gelingt ihm das Leben.

Text von Britta Lemke, www.selbstheilungstraining.de

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